Montag, 23. November 2015

My (monthly) Mixtape 2015/11



Jetzt, nachdem endlich (fast) alle Blätter gefallen sind und es draußen knackig kalt geworden ist, ist wieder mehr Zeit für gute Musik. Grung genug, sich die erlesene Auswahl auf dem Mixtape des Monats einmal genauer zu betrachten. Die Novemberausgabe versammelt hierbei auf gut 70 Minuten Spielzeit Abersonderliches, trifft doch Adeles Breitwandorgan auf die Orgeldrones von Anna Von Hausswolff, der vertrackte Experimental-Trap von Rabit auf den Roadtrip-Country von Eric Church oder der erfreulich erfrischende Songpoet Jan Koch und das alte Cello auf die verträumt psychedelischen Australier von King Gizzard & The Wizard Lizard. Ach, und wieder Mal eröffnet ein potentieller "Song des Jahres" das Mixtape: 

01. Will Varley - As for My Soul
02. Baron - Dragonfly
03. Matt Bauer - Fields, No Body
04. Nadia Reid - Track of the Time
05. King Gizzard & The Lizard Wizard - Bone
06. Eric Church - Mistress Named Music
07. Jan Koch und das alte Cello - Seemannsgarn
08. Jacob Faurholt - Future Wife
09. Grimes - California
10. Adele - I Miss You
11. Anna von Hausswolff - Evocation
12. Rabit - Fetal
13. Emily Portman - Darkening Bell
14. Martin Courtney - Northern Highway
15. Corb Lund - Sadr City
16. Von Brücken - Lady Angst
17. Guy Garvey - Belly of the Whale
18. Josh Ritter - Homecoming


Wählen wir aufgrund der Vielfältigkeit des Ohrenöffner mit Bedacht:




Sonntag, 8. November 2015

JP Hoe



Eine kleine Herbstmusik.

Vor kurzem hatte ich hier ein paar Worte über den sanft schmeichelnden Indiefolk der Kanadier von Federal Lights verloren. Gemeinsam mit diesen war der Songwriter JP Hoe im Herbst auf der Canadian Showcase-Tour und hat mit „Hideaway“ nahezu zeitgleich sein neues Album veröffentlicht.

Auf „Hideway“ versammeln sich kraftvolle und geschmackvoll dicht ausstaffierte Country- und Folksongs, die JP Hoe immer mit so einem gewissen Sehnsuchtskick in der Stimme vorträgt. „Learn To Let You Go“ ist so einer von diesen Songs, in den Strophen mit ausreichend Streichereleganz umgarnt, bricht es im Chorus komplett aus dem Sänger heraus, der mir nichts, dir nichts zum seelenvollen Crooner wird. Der leichte Crisp in seiner Stimme veredelt, neben den lässigen Pianoakkorden und den Background-Bläsern auch das folgende „Like I Did Back“, das mit viel Energie und Leidenschaft vorgetragen wird.

Generell merkt man JP Hoe seine Spielfreude in jedem der 11 Titel auf „Hideaway“ an. Vor allem dann, wenn es aus den schönen erzählerischen Strophen in den heroischen, mit viel Inbrunst vorgetragenen Refrain mündet, scheint er sich am wohlsten zu fühlen. Das fängt in der herrlich altmodischen Americana-Liebeserklärung „Beautifully Crazy“ an, die sicher nicht von ungefähr als erste Single ausgewählt wurde, geht über das wehmütige, aber sehr intenstive "Save You" und hört beim kurzen, aber umso energischen „My Silhouette“ auf.

Eigentlich passiert auf „Hideaway“ nicht viel, was man nicht auch auf anderen amerikanischen Songwriter-Album erwarten würde. JP Hoe bekommt es aber hin, seine Begeisterung an der Musik in jeden einzelnen gesungenen Ton hineinzulegen und schafft es so, dass manchmal etwas stereotype Songwriting auszublenden. Einige Songs hätten eine so tiefgehende Bedeutung für ihn, dass er sich beim Spielen komplett in ihnen verlieren würde, sagt er selbst über die Stücke auf „Hideway“. Dass das keine hohle Phrase ist, hört man dem Album auf jeden Fall in jeder Sekunde an.

Den Ohrenöffner gab es in reiner Hörform bereits in den Kurzvorstellungen, jetzt und hier soll die Bebilderung unterstützen: 


Mittwoch, 4. November 2015

Scheunenfunde: Jonas Carping - Cocktails & Gasoline



Jonas Carping – Cocktails & Gasoline

Aus dem Fenster.

Vor geraumer Zeit durfte ich mich über eine leicht schüchterne Anfrage freuen, in der ein gewisser Jonas Carping fragte, ob ich mich nicht ein paar Minuten seiner ersten EP widmen wollen würde und ein paar Zeilen dazu verfassen wolle. Damals sind es in der Tat nur ein paar wenige Worte geworden, doch vor allem „Underground“ und Sideways“ lassen mich bis heute vor Wonne bis ins Mark erschauen. Das nachfolgende erste Album „All The Time In The World“ hielt den Erwartungen mehr als Stand und so war ich um so fröhlicher als mich Anfang Oktober (immerhin schon vier Wochen her, von daher ein guter Grund für einen Scheunenfund) erneut eine Mail erreichte: „Cocktails & Gasoline“ ist fertig.

Die Musik des schwedischen Songwriters lebt vor allem von seiner Stimmfarbe. Dunkel timbriert, aber nie zu rotweinschwer, angerauht, aber nicht kratzig, mit Inbrunst vorgetragen, aber nie pathosgeschwängert. Das hat sich auch auf „Cocktails & Gasoline“ kaum geändert, vielmehr scheint Carping seine eigene Klangpalette intensiviert und aufgefächert zu haben und bietet deutlich abwechslungsreiche Schattierungen an. Der Sound der Instrumente hingegen hat immens an Kraft gewonnen und auch die Intensität und Lautstärke verdichten sich auf Carpings Zweitwerk konsequenter zu einem energischen Vortrag. Stürmen hier vor allem die schnellen Americana-Stücke „The Last Approval“ und das fulminant aufspielende „Higher Ground“ mutig voran, lassen sich dennoch ruhige, ja beinahe kontemplative Passagen ausmachen. „You Move In A Different Way“ zum Beispiel, das Carping zur weichen Gitarrenakkorden intoniert und in mattierenden Farben von einer beginnenden Entzweiung erzählt.

„Cocktails & Gasoline“ ist genau wie das Vorgängeralbum durchzogen von sentimentalen Stimmungsfäden, die aber durch den lebendigen Vortrag, vor allem in den schnelleren Stücken immer wieder aufgebrochen werden. „Down To The Water“ klingt wie ein längst vergessener Sommernachts-Folksong, Carping singt mit seiner Duettpartnerin Sigrid Nilsson vor tänzelnden Streichern und schmeichelnder Percussion und erschafft Bilder von bittersüßen Sehnsuchtsmomenten. Während er bei „Dive“ zuvor noch mal mit Dynamik und Tempo spielt und mit „Sleepless Nights Blues“ ihm sehr gut zu Gesicht stehende fast schon archaische Bluestugenden heraufbeschwört, lässt er schließlich das Album in den Titelsong münden, der so sehr Pub-Singalong ist, das ein Frank Turner vor Neid fast zerspringen müsste.

„Cocktails & Gasoline“ ist ein überzeugendes zweites Album geworden, das nach leidenschaftlichem Musikmachen klingt. Carping erfindet nichts Neues, setzt sich aber mit seiner herausragenden Stimme deutlich von artverwandten Kollegen ab. Gerade in den zurückgenommenen Teilen kann man den Entstehunngsprozess in einer verlassenen Waldhütte nachvollziehen und blickt mit Spannung aus deren Fenster auf die Welt. Jonas Carping blickt einem dabei über die Schulter und singt aus vollem Herzen den entsprechenden Soundtrack.