Freitag, 3. März 2017

(Nur) Text: Was höre ich und wie viel davon?



...und plötzlich ist schon März.

Dieses Jahr ohne obligatorischen Kniefall, dafür mit einem ersten Text, der vielleicht sinnbildlich dafür steht, warum auf dem Bänkelsänger in den vergangenen Monaten ein wenig zu wenig passiert ist. Besserung gelobe ich mal lieber nicht,  sondern lasse einen Gedankengang sprechen, der in Zusammenhang mit einigen generellen Überlegungen zur Rezeption von Musik und der damit verbundenen Wahrnehmung sowie einer unabhängig stattgefundenen kurzen Diskussion in ähnlichen Themenfeldern entstanden ist:

Ausgehend von einer inzwischen länger zurück liegenden, aber dennoch spannenden Diskussion über Wahrnehmung musikalischer Genres innerhalb der selbst defininierten journalistischen Grenzen, habe ich mir mal selbst die Frage gestellt: was höre ich und wenn ja wie viel davon? Bin ich noch der selbsternannte „Folkie“, der sich fast ausschließlich über meist dunkel gefärbte Songwriter aus den übergeordneten Dunstkreisen Folk und alternativem Country freut und vor allem Poppigem und Hip-Hoppigem zurückschreckt? Kann ich Genrefremdes eigentlich ausserhalb der Geschmacksgrenzen bewerten bzw. beurteilen oder einfach nur genießen und reicht ein schnödes „Gefällt mir/gefällt mir“ nicht überhaupt noch aus?

Eine Erinnerung an das zuletzt Gehörte, gibt ein wenig Aufschluss. Gerade im vergangenen Jahr spielten Songwriter der Marke Damien Jurado, Nick Cave oder auch Sturgill Simpson eine gewichtige Rolle, doch schlichen sich vor allem experimentiell geartete Musiker dazwischen, solche die entweder durch eine soundästhetische Annährung auffallen wie Ian William Craig oder William Ryan Fritch oder solche, denen ein gewisser Hang zur traditionellen Liedform nicht verschlossen ist wie DM Stith oder Susanna. Doch was veranlasst mich über den immer noch ganz schön breiten Tellerrand hinauszusehen? Ich habe immer schon Poppiges und Rockiges goutiert, selbst der ein oder andere Hip Hop- oder Soulkünstler oder experimentierfreudige Soundtüftler konnte mich begeistern und auch bei dem ein oder anderen Vertreter der härteren Gangart konnte ich nicht Nein sagen. Genres mit denen ich gar nichts anfangen konnte, bewegten und bewegen sich in den kleinsten Nischen, so dass ich mir im Stillen die Frage nach dem „Was hörst du?“ mit dem ungeliebten, diffusen „eigentlich alles“ beantworten musste.

Doch wie differenziere ich eigentlich, was ich höre? Die schier unendlichen Möglichkeiten Musik zu konsumieren sind grenzenbefreiter denn je und egal ob auf legalen, grauen oder nebulösen Wegen einfach und dadurch auch ganz schön wahllos geworden. Suche ich speziell nach dem einen Interpreten, von dem ich eh alles konsumiere, was veröffentlicht wird, suche ich nach Genres, nach Spielarten, nach musikalischer Varianz, nach Zweckmusik? Wenn ich denn dann fündig werde, stellt sich die Frage nach der Reihenfolge: was wie und in welcher Häufigkeit? Höre ich das Stück nur der geraden gelesenen guten Kritik wegen oder aus Neugier oder gar Gewohnheit? Nehme ich mir ein Album in vollem Umfang zur Brust oder seziere ich Erworbenes oder Heruntergeladenes zuerst in Stücke um dann zu entscheiden, was gefällt und was eher hinten herüberfällt? Sortiere ich gar zunächst und lasse somit Überraschungen und Unerwartetes unbewusst hinten herunter fallen, den Gedanken im Kopf, irgendwann hören wir uns eh wieder?

Gerade die schier unendliche Menge an jungen Männern mit Gitarre, dieser so genannten Singer/Songwriter eignet sich vortrefflich für eine Beobachtung, denn da Ausgangsvorraussetzungen an Instrument und Stimme bzw. Stimmfarbe ähnlich sind, verläuft sich die Auswahl der konsumierten Songs und Alben gerne im Zufall. Dann spielt auf einmal Optik, Titelbezeichung, vielleicht gar ein erster flüchtiger Eindruck die Rolle und schon läuft ein Album, das tausenden anderen in kaum etwas voraus ist, aber eben durch ein spezielles Momentum die Nase vorn hat. So landet eben ein A. Dyjecinski oder ein Torgeir Waldemar eher in der Ohrmuschel, denn der umtriebige und nicht minder talentierte Conor Oberst, da ja schließlich eine maximale musikalische Breite nicht nur in der Genrevielfalt liegt, sondern auch in dessen Ausbau und Facettierung. Geht man gar über die journalistisch und rezeptionell vorgeschlagenen Genregrenzen hinaus und tummelt sich in Grauzonen, in denen sich diese Musiker mit Artfremdem verquicken, bekommt die Suche nach dem einen speziellen Künstler, den zu Hören einem ein gewisses Maß an Wissensvorsprung garantieren könnte, eine geradezu jagdähnliche Anmutung. Doch wann endet dann das genussvolle Zuhören und das sich von einem Musiker oder dessen Kunst vereinnahmen lassen, dass eben durch die Vielfalt im Keim erstickt werden könnte. Gerade wenn die Rezeption von Musik im Kampf gegen den bloßen Konsum Oberhand zu nehmen scheint, ist dann wohl schlussendlich ein leichter Schritt zurück von Nöten und die Rückbesinnung auf bereits Gehörtes und unendlich lieb gewonnene selbsternannte Klassiker, bei denen es zuletzt eben keine Rolle mehr spielt, warum sie gehört werden. 

Ohne Ohrenöffner läuft hier nach wie vor nix, ich greife mal auf die bereits in der Facebook-Zwischenmahlzeit  erwähnten Bonny Doon aus Detroit zurück, deren selbstbetiteltes Album am 10.03.2017 erscheint und dessen zweite Single sich aufgrund ihres weichen Grundcharakters nicht nur als Hintergrund geradezu fabelhaft in Szene setzen kann: